In Frank­furt gerät der­zeit einiges aus den Fugen. Men­schen im Anzug hetzen mit fahler Gesichts­farbe durch die Straßen, in den S‑Bahnen ist atmo­sphä­risch kaum mehr zu unter­scheiden, ob die Men­schen ins Ban­ken­viertel oder zum Haupt­friedhof fahren. In der Finanz­me­tro­pole sind einige gerade dabei, Mil­li­arden zu ver­zo­cken. Manager stehen am Pranger, Bör­sianer, Banker, irgendwie die halbe Stadt. In dieser tristen Zeit wirft aus­ge­rechnet der monetär auf­ge­pumpte Fuß­ball einen mora­li­schen Hoff­nungs­schimmer an den Stadt­himmel.

Im Stadt­teil Born­heim hat sich ein ver­loren geglaubter Junge gemeldet, der dem ansäs­sigen Zweit­li­gisten FSV Frank­furt einen sel­tenen Dienst erweisen will: Youssef Mokh­tari, frü­herer Bun­des­liga-Spieler für Köln und Duis­burg, hat ange­boten, bis zur Win­ter­pause ohne Ver­gü­tung für seinen Hei­mat­verein spielen zu wollen. »Und die Prä­mien könnte der FSV an bedürf­tige Kinder spenden«, sagte der 29-Jäh­rige der »Bild«-Zeitung.

Wer soll da Nein sagen? Der Auf­steiger liegt auf dem dritt­letzten Platz der Tabelle, Mokh­tari hat 23 Mal für die marok­ka­ni­sche Natio­nalelf gespielt und dabei zehn Tore erzielt. Eins zum 2:2 gegen Frank­reich in Paris, wo ihn Tau­sende Ein­wan­derer im Stade de France wie einen Erlöser fei­erten. Er sagt selbst: »Ich bin ablö­se­frei und kenne mich sehr gut aus in der zweiten Liga. Wenn der FSV da nicht zuschnappt…«

Nun ja, ein Akt der totalen Selbst­lo­sig­keit ist Mokh­t­aris Angebot natür­lich nicht. »Selbst­ver­ständ­lich wäre der FSV für mich eine Platt­form.« Er wolle sich prä­sen­tieren und auf das rich­tige Angebot warten, sagte er.

»Sollte lebens­lang gesperrt werden«

Der selbst­be­wusste Mit­tel­feld­spieler schlug in den ver­gan­genen Jahren einige Haken durch die Fuß­ball­welt, sein Ruf ähnelt dabei bis­weilen dem der Banken-Manager. In Cottbus mel­dete sich Mokh­tari einmal wegen psy­chi­scher Pro­bleme berufs­un­fähig. Im Verein glaubte man indes an ein Schel­men­stück des Spie­lers. Mokh­tari wollte gerne nach Köln gehen und berief sich auf eine angeb­liche münd­liche Zusage, Energie hatte das Angebot des FC aber zunächst abge­lehnt. Als der Wechsel schließ­lich voll­zogen war, keifte ihm Trainer Petrik Sander nach: »Ich will diesen Namen (Mokh­tari, d. Red.) nie wieder hören.« Und San­ders Vor­gänger Eduard Geyer for­derte: »Solche Spieler müssten lebens­lang gesperrt werden.«

In Köln geriet Mokh­tari dann zum Sün­den­bock des Abstiegs 2006, weil er beim Stand von 2:1 gegen Schalke den Ball nicht quer auf die völlig frei­ste­henden Podolski und Scherz (der ihm anschlie­ßend fast an die Gurgel ging) gelegt hatte, son­dern selbst am Tor­wart geschei­tert war. Die Partie endete 2:2 und Trainer Rapolder wet­terte: »Das war ein Lehr­stück zum Thema Ego­ismus. Jetzt muss Youssef einen Auf­satz zum Thema soziale Kom­pe­tenz schreiben.« Mokh­tari schrieb den Auf­satz – und wan­derte weiter zum MSV Duis­burg, doch als er sich dort nach einem Jahr nicht auf eine Ver­trags­ver­län­ge­rung (Geld?) einigen konnte, ging er 2007 nach Katar, und sagte selbst: »Was du dort in einem Jahr ver­dienst, kriegst du in drei Jahren Bun­des­liga nicht.«

Mokh­tari galt als Vor­zei­ge­ob­jekt des Typus »Abzo­cker«. Jetzt kam er reu­mütig aus Nahost zurück, wo der Fuß­ball seiner Ansicht nach nur auf Regio­nal­liga-Niveau gespielt wird. Es gab Gerüchte um Offerten etwa aus Karls­ruhe oder von 1860 Mün­chen. Nun will er in Frank­furt für umsonst spielen.

Zurück zu den Kreis­spar­kassen!

Und der FSV? Er ver­pflich­tete am Montag erst einmal Mokh­t­aris Bruder Oualid, 26, zu stark leis­tungs­be­zo­genen Bezügen, wie es heißt. Auf das Angebot des älteren Youssef reagierte der Klub bis­lang nicht. Ein Spre­cher erklärte ledig­lich, dass es bereits am Wochen­ende ein Gespräch mit dem Spieler gegeben habe, er aber seinen unge­wöhn­li­chen Vor­schlag dort nicht erwähnt hätte. Kon­takt bestehe indes wei­terhin.

Sollte der Kon­trakt zustande kommen, darf man sich wohl auf ein frucht­bares Zusam­men­spiel der FSV-Spieler mit ihrem neuen Spiel­ma­cher freuen. Die Kol­legen werden Mokh­tari natür­lich gerne den Ball auf­legen, damit dieser im Winter einen gut­do­tierten Ver­trag in der Bun­des­liga unter­schreiben kann. Und die stau­nenden Manager im Ban­ken­viertel werden auf ihre Mil­lionen-Abfin­dungen ver­zichten. Sie werden ihren hei­mi­schen Kreis­spar­kassen, wo sie in die Lehre gegangen sind, kom­pe­tente Hilfe anbieten. Selbst­re­dend ohne Gehalts­for­de­rung – bis sich end­lich die Wall Street bei ihnen meldet.

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