
Der Ortsverein SC Going spielt in der untersten österreichischen Liga. Das Trainingsgelände dagegen hat Bundesliganiveau. Der ehemalige Bürgermeister von Going, Georg Trixl, hatte Anfang 2000 die Vision, das 1800-Einwohnerdorf zu einem Trainingsidyll für Fußballmannschaften umzubauen. Mittlerweile bereiten sich Mannschaften wie der VfB Stuttgart, der Hamburger Sportverein, Olympiakos Piräus oder Fenerbahce Istanbul in der Tiroler Kleingemeinde auf die neue Saison vor. In Ruhe und Abgeschiedenheit sollen die Fußballer optimale Trainingsbedingungen vorfinden.
Norbert Bergmann ist Obmann des Ortsvereins. Seit Profimannschaften auf den Plätzen spielen, muss er planen wie ein Eventmanager. »Das ist eine komplett andere Welt«, sagt Bergmann. Wenn die letzte Mannschaft abgereist ist, beginnt für ihn schon die Vorbereitung auf das nächste Jahr. Platz besanden, Rasen ansetzen und auf die exakt gewünschte Länge mähen. »Dieser Platz muss ein Leistungsprofil aufweisen, das wesentlich höher ist als normalerweise.« Die Mannschaft des SC Going weicht im Sommer auf einen Kunstrasenplatz aus, der zwei Kilometer außerhalb des Ortes liegt. Für die Bundesligamannschaften stehen eigene Kühlschränke, ein Fitnesstudio und Wellnessbereich im Hotel und ein Ordnungsdienst am Spielfeld bereit. »In Going sind wir es gewöhnt, dass sehr viel Prominenz um uns rum ist«, sagt Bergmann. Er ist stolz darauf, dass Going Trainingsplätze »mit internationalem Standard« bieten kann. »Die Plätze in Südafrika waren desolat im Vergleich zu dem, was wir bieten.« In der Früh können die Spieler auf dem nahe gelegenen Golfplatz laufen gehen. Für Teambuildingevents bieten Veranstalter im Umkreis Radfahrten und Raftingtouren an.
Prominenz im Kuhdorf
Dieses Jahr kam der Gast aus der Bundesliga aus Wolfsburg. Untergebracht war der VfL im Gasthof Stanglwirt. Dietmar Zoescher ist im Hotel dafür zuständig, dass die Spieler genau das zu essen bekommen, was sie auch wollen. Dafür bereitet sich das Servicepersonal Wochen vor der Ankunft der Mannschaft vor. »Die Absprache im Vorfeld ist normalerweise so genau, dass wir nur noch funktionieren müssen.« Dietmar Zoescher ist Fußballfan. Beim Frühstück unterhält er sich mit dem einen oder anderen Spieler. »Am liebsten mit den Brasilianern. Da kann ich mein Portugiesisch ein bisschen auffrischen.« Trotz aller Arbeitsroutine ist es für Zoescher immer noch etwas Besonderes, wenn die Profispieler im Ort sind. »Going ist eigentlich ein Kuhdorf. Hier kennt jeder jeden. Aber nur wenige kennen wirklich die Spieler.«
Um die zu treffen, kommen die Fußballfans nach Going. Wo 1800 Menschen wohnen, können 2224 Touristen übernachten. Für Ines Strillinger vom Tourismusbüro ist der Fußball Grund dafür. »Es gibt immer mehr Fans, die sich extra hier einmieten, um ihrer Mannschaft im Trainingslager zuzugucken.« Selten kommen die Fans so nah an die Spieler ran. Mehrere hundert stehen am Geländer bereit, wenn die Spieler vom Stanglwirt unter der Hauptstraße hindurch zum Trainingsplatz laufen. »Bei uns haben auch schon Fans von unterwegs angerufen, die extra ihre Route für die Heimreise verlegt hatten, um ihre Mannschaft in Going trainieren zu sehen.«
Mit Blasmusik für Felix Magath
Going ist darauf vorbereitet. Knapp 350.000 Gäste übernachten über das Jahr verteilt in Hotels, Pensionen und Gästezimmern im Ort. Im Internet wirbt der Going dafür, dass im Sommer der Profifußball gastiert. Das Dorf am Wilden Kaiser ist bekannt dafür, ein Anlaufort für Prominente zu sein. Am Kirchplatz stehen immer wieder Kameras, wenn eine neue Folge für den »Bergdoktor« gedreht wird. Am Trainingsplatz treffen sich Journalisten und Spielerbeobachter. Going hat sich vom Bergdorf für Wanderer zu einem internationalen Trainingsstandort entwickelt.
Nicht bei allen ist die Begeisterung für die prominenten Spieler angekommen. »Das Interesse an Fußball allgemein im Ort ist trotzdem gering«, sagt Dietmar Zoescher. Dass seit einigen Jahren Fans dafür von weit her reisen, gehört für ihn mittlerweile dazu. »Die Einheimischen gehen höchstens auf die Straße, wenn die Blasmusikkapelle von Ellmau spielt.« Vor sieben Jahren standen auch Stuttgarter Fans daneben. Die Blaskapelle spielte zum 50. Geburtstag von Felix Magath.
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